TaKeTiNa und Psychotherapie
2005 gehalten in Karlsruhe/ Rothensol
Persönliche Entwicklungsmöglichkeiten im TaKeTiNa – Prozess
I.) Persönliche erste Erfahrung mit der Rhythmusarbeit
II.) Fall: Pat. A - Symptomatik und Therapie
- Symptomatik
- Familiengeschichte
- Warum TaKeTiNa?
- Vorbereitung der Patientin auf die Gruppe
- Erfahrungen der Patientin im Taketina und die daraus folgenden Veränderungen in ihrem Leben
- Meine Erfahrung und Schlussfolgerung aus diesem Fall
III.) Die für die persönliche Entwicklung und Heilung wirksamen TaKeTiNa–Elemente
- Das Setting
- Das Lernen im Kollektiv
- Der Surdo als tragendes Element
- Die Induktion
- Die Stimme
a) Die rhythmische Stimme im Sprechen der Silben
b) Die Singstimme
- Die Körperwahrnehmung
- Overload – die Überlastung des normalen Bewusstseins durch die Gleichzeitigkeit mehrerer Ebenen (Polyrhythmik)
a) Taketina als Spiegel
b) Rausfallen und Reinfallen – Loslassen von Kontrolle, Zulassen von Chaos
c.) Die gleichzeitige Wahrnehmun
- Entstehen einer gemeinsamen Musik
- Die Liegephase
- Die Integration
- Das Wecken des inneren Heilers
IV) Schlussbetrachtung und Zukunftsvisionen
Persönliche Entwicklungsmöglichkeiten im TaKeTiNa – Prozess
I.) Persönliche erste Erfahrungen mit der Rhythmusarbeit
Es gab eine Zeit, da war ich als Anästhesistin im Krankenhaus tätig. Damals versuchte ich Jazz am Klavier zu spielen und verzweifelte daran, dass ich den Rhythmus nicht spüren konnte und entsprechend Improvisieren unmöglich war. In meiner Verzweiflung meldete ich mich zu einem TaKeTiNa Kurs an, in der Hoffnung meine Rhythmusprobleme irgendwie lösen zu können.
So fuhr ich nach einem langen Arbeitstag einmal quer durch die Stadt, um mich in einem dunklen Keller mit Rhythmus zu beschäftigen. Dort angekommen war ich meist so müde und erschöpft (damals arbeitete ich 60 Stunden plus der ungezählten Überstunden, die von jungen Ärzten erwartet wurden) dass ich meine Aktion für verrückt hielt und mir sehnlichst meine Couch zu Hause herbeiwünschte.
Dann machte ich jedoch eine erstaunliche Erfahrung. Nach den 3 Stunden Rhythmuskreis fühlte ich mich meist wie neugeboren, erfrischt und auf sonderbare Weise ausgeruht. Die vielen Gedanken, die noch aus der Klinik wirr meinen Kopf belasteten, waren entweder ganz weg oder fanden eine zufrieden stellende Ordnung. Ich war verwirrt und berührt von dieser Erfahrung, erlebte sie als unglaublich heilsam und hatte sofort den Gedanken, dass in solch einer Arbeit ein tiefer Schatz an Heilungsmöglichleiten liegen könnte, was mich als Ärztin ansprach. Irgendetwas in mir war tief berührt und ich empfand eine unglaubliche Neugier dieser Sache auf die Spur zu kommen.
So begann eine langjährige Ausbildung und Auseinandersetzung mit TaKeTiNa, Rhythmus und Musik. Trotz meiner tiefen Überzeugung bezüglich der heilsamen Wirkung von TaKeTiNa hatte ich zunächst noch nicht den Mut, meine TaKeTiNa- Erfahrung in meine Arbeit als Ärztin zu integrieren. 1995 ließ ich mich als Ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in eigener Praxis nieder. Unabhängig davon leitete ich TaKeTiNa – Kurse für Musiker und an Selbsterfahrung interessierte Menschen. Da meine Rolle in der Therapie eine andere ist wie die der TaKeTiNa – Leiterin hatte ich zunächst Bedenken diese beiden Bereiche miteinander zu vermischen, bis plötzlich eine Pat. in meiner Sprechstunde auftauchte, die in mir ein klares Gefühl initiierte, nämlich dass es zur Lösung ihrer Probleme nichts Besseres gibt, als die TaKeTiNa - Rhythmusarbeit.
II.) Die Pat. A
1. Symptomatik
Eine ehemalige Pat. hatte sie zu mir geschickt. Die Pat. selbst war sehr misstrauisch. Wäre da nicht der Druck ihrer zunehmenden Problematik gewesen und eine Freundin, die sie drängte, wäre sie freiwillig nie in Therapie gegangen. Sie konnte nicht mehr laufen. Schon seit 10 Jahren nahmen Gangunsicherheit und Schwindelattacken zu. Die Situation hatte sich so zugespitzt, dass sie nur noch mit dem Fahrrad oder dem Taxi fuhr, bestenfalls eine Wegstrecke von 100m zu Fuß zurücklegen konnte, was ihr Leben immer mehr einschränkte. Mindestens 3xtäglich ließ sie sich in einer Apotheke den Blutdruck messen, da sie glaubte, dass der Schwindel etwas mit dem Kreislauf zu tun hatte. Der Blutdruck war jedoch immer normal und auch bei ihren diversen Besuchen bei Ärzten konnte keine organische Ursache für ihre Attacken gefunden werden.
Sie war eine hochintelligente Frau, Ende 20, die gerade an ihrer Magisterarbeit schrieb und nebenbei sowohl als Dozentin an der Uni, als auch als Lektorin bei einer renommierten Zeitung beschäftigt war. Arbeit und Karriere waren ihr Lebensinhalt. Stille und Ruhe konnte sie nicht aushalten. Sie konnte sich nicht entspannen und kaum genießen. Sie musste bei allem die Kontrolle behalten, besonders in Beziehung zu anderen Menschen. Dabei erlebte sie sich oft als sehr hart, worunter sie auch litt. Gruppen mied sie, da zu viele Menschen auf einmal ihr Angst machten und sie die Situation nicht mehr unter Kontrolle hatte. So fühlte sie sich als Außenseiterin und litt unter Einsamkeit. Sie reagierte extrem hypochondrisch, wenn sie nur Schnupfen hatte, da körperliche Schwäche ihr Kontrollbedürfnis unterwanderte. Sie strebte eine Universitätskarriere an und hatte ein Problem mit ihrer Stimme, die sie als sehr leise und gepresst erlebte. Es nervte sie, ließ sich jedoch mit keiner noch so großen Anstrengung beheben.
2. Familiengeschichte:
Zum besseren Verständnis, wo mögliche Ursachen dieser eindrucksvollen Symptomatik liegen können, möchte ich ganz kurz etwas zu ihrer Lebensgeschichte sagen. Die Pat. ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Der Vater starb, als die Pat. 4J. und ihr Bruder 3J. alt war. 6 Jahre später heiratete die Mutter nochmals, einen Mann, der zu den Kindern keinen Bezug fand und sich schließlich als tyrannischer Alkoholiker entpuppte und die Mutter gegen die Kinder auf seine Seite zog. Die Pat. erlebte die Mutter als hilflos und dem Ehemann gegenüber hörig.
Die Pat. empfand lesbisch, was in der ehemaligen DDR sehr stark geahndet wurde. In der Pubertät war die Patientin, die schon immer sehr sprachgewand und spitz in ihren Formulierungen war, aufsässig und verkehrte mit Randgruppen, woraufhin sie Schwierigkeiten mit der Stasi bekam, die ihr mit Schulverbot drohte. Als der jüngere Bruder bei einem Fluchtversuch erwischt wurde und ins Gefängnis kam, kam es zum Bruch mit der Familie. Die Mutter unterstellte ihr, den Bruder dazu angestiftet zu haben. Die Mutter musste sich, um ihren Beruf als Lehrerin behalten zu dürfen, von dem Sohn lossagen. Die Pat. besuchte als einzige den Bruder im Gefängnis. Aufgrund dieser Vorfälle durfte sie jedoch nicht studieren. Erst nach Mauerfall konnte sie ihren tiefen Wunsch nach einem Studium verwirklichen.
Die Großmutter war ihre Rettung. Sie war der einzige Mensch, der sie hin und wieder unterstützte, zu dem sie Vertrauen hatte und von dem sie sich angenommen fühlte. Ihr extremes Misstrauen und ihr hohes Kontrollbedürfnis werden aufgrund der realen Bedrohung, die sie als Kind und Jugendliche erlebt hat, verständlich. So gewöhnte sie sich an, nach außen hin eine annehmbare Fassade zu zeigen, um möglichst wenig in die Schusslinie der öffentlichen Aufmerksamkeit zu geraten und verlor möglicherweise so zunehmend den Bezug zu ihrem inneren Selbst. Sprichwörtlich gesagt „verlor sie immer mehr den Boden unter ihren Füssen.“
3. Warum TaKeTiNa?
Die Pat. reagierte auf ihre innere Not mit deutlichen körperlichen Symptomen, deren Botschaft sie intellektuell nicht verstand, da der Kontakt zu ihrer Körpergefühl verloren gegangen war. So erschien mir eine Therapieform, die dieser Pat. den Zugang zu ihrer Selbstwahrnehmung und körperlichen Empfindungen eröffnet, als notwendig.
TaKeTiNa bietet nun die Chance, die verschiedenen problematischen Themen körperlich erfahrbar zu machen und gleichzeitig auf spielerische Art und Weise daran zu arbeiten.
Zusammenfassend noch einmal die Themen der Pat.:
- Extremes Misstrauen - Hohes Kontrollbedürfnis - Immer in Aktivität sein müssen, sich nicht entspannen können, was letztendlich bedeutet, ständig in der Überforderung zu leben - Schwierigkeiten in Gruppen
Und auf der körperlichen Ebene:
- Nicht laufen können - Schwindel (immer kurz vor dem Zusammenbruch) - Magenschmerzen - Probleme mit der Stimme
4. Vorbereitung der Patientin auf die Gruppe:
In der Einzelarbeit stellte sich heraus, dass die Pat. ihre Beine von den Knien ab abwärts nicht spüren konnte. Sie hatte auch die Angewohnheit ihre Zehen einzukrallen, wodurch der Kontakt zum Boden wackelig wurde. Wir arbeiteten zunächst mit der Stimme, TaKi, und den Schritten. Als Unterstützung nahm ich die Trommel zu Hilfe. Ausgelöst durch den tiefen Klang der Basstrommel erlebte die Pat. plötzlich ein Kribbeln in beiden Beinen, das sich bis in die großen Zehen ausbreitete. Die Patientin, die Schwierigkeiten damit hatte Gefühle zu zeigen, hatte plötzlich Tränen in den Augen vor Freude. Sie hätte nie gedacht, dass sie jemals ihre Zehen spüren könnte. Sie habe das Gefühl gehabt, dass durch den Klang der Trommel die Silben, die sie sprach, sich bis in ihre Füße ausgedehnt hätten.
Das Singen, das wir dann hinzunahmen, lenkte die Pat. von den Füßen ab. So passierte eines Tages ein plötzliches Loslassen und die Pat. erlebte erstmalig das Gefühl von Bodenkontakt. Sie hatte das erste Mal das Gefühl stehen zu können ohne zu wackeln. Die Kontraktionen der Zehen ließen immer mehr nach und sie beobachtete bei sich, dass sie immer dann die Zehen einkrallte, wenn etwas Neues kam.
Schließlich war sie bereit sich auf die Erfahrung mit der Gruppe, wovor sie zunächst panische Angst hatte, einzulassen.
5. Erfahrungen der Patientin im TaKeTiNa und die daraus folgenden Veränderungen in ihrem Leben:
Sie nannte das TaKeTiNa – „Laufen lernen“. Ihre Körperwahrnehmung veränderte sich enorm. Das vollständige Spüren der Beine von oben bis unten, war für die Pat. eine unglaubliche Erfahrung, die regelmäßig wiederkehrte und schließlich auch blieb. Nach ca. 4 Monaten wurde ihr Fahrrad gestohlen. Sie entschloss sich daraufhin, kein Neues mehr zu kaufen, da sie weiter laufen üben wollte, was auch gut funktionierte. Der Schwindel verschwand. Er tauchte ein letztes Mal bei der Beerdigung ihrer Großmutter auf, der wichtigsten Bezugsperson in ihrem Leben. Sie half sich, indem sie innerlich die Silben „TaKi“ sprach und Schritte dazu setzte. Der Schwindel verschwand prompt.
Sie erlebte TaKeTiNa wie einen Spiegel. Ihr wurde ihr enormer Leistungsanspruch bewusst. Sie nahm ganz deutlich den Zusammenhang zu ihren körperlichen Verkrampfungen wahr, die sie durch das bewusst werden immer wieder lösen konnte. Sie erlebte, dass wann immer Neues kam, zunächst ihre Beine wegsackten. Durch die zunehmende Erfahrung, dass nach dem „Rausfallen“ aus dem Rhythmus auch wieder „Reinfallen“ passiert verlor sie allmählich ihre Angst vor Neuem und die Beine sackten nicht mehr weg.
Indem sie ihren Leistungsanspruch im TaKeTiNa losließ, alles gleichzeitig können zu wollen, konnte sie diese Ansprüche auch im realen Leben reduzieren. Dies hatte deutliche Auswirkungen auf ihre Arbeit, die ihr plötzlich viel leichter von der Hand ging. Sie musste nicht mehr in allem perfekt sein, was die Pat. als ein enorm befreiendes Gefühl erlebte. Sie lernte realistischer einzuschätzen, was geht und was nicht und dies zu akzeptieren, analog ihrer Erfahrung im TaKeTiNa.
Immer wieder berichtete sie über Aha- Erlebnisse. Intellektuelle Probleme beschäftigten sie immer wieder und am Ende eines TaKeTiNa Sets tauchten in der Liegephase plötzlich Lösungen auf. Die Angst vor der Gruppe verschwand. Im Gegenteil, sie erlebte plötzlich die Gruppe als unterstützend und tragend, was sie bis dato nicht gekannt hatte und fühlte sich zugehörig. So konnte sie ihre Außenseiterposition aufgeben.
Immer öfter erlebte sie eine Lösung der Verkrampfung in ihrer Stimme und freute sich darüber. Auch die gemeinsame Musik löste bei der Pat. ein Wohlgefühl aus, so dass sie anfing zu genießen und dies auch immer mehr auf ihr sonstiges Leben ausdehnte. Hatte sie Sport bisher als Arbeit gesehen, den Körper fit zu halten, erlebte sie plötzlich Freude und Spaß in der Bewegung.
Insgesamt wurde die Pat. weicher und umgänglicher. Sie selbst meinte deutlich mehr Kontakt zu ihrem weiblichen Wesenskern gefunden zu haben und genoss ihr neu gewonnenes Körpergefühl. Der Austausch am Ende eines Sets gab ihr die Gelegenheit sich in ihrem ganz persönlichen Erleben zu zeigen und half ihr bei dem Prozess authentischer zu werden. Sie erlebte es als befreiend, sie selbst sein zu dürfen.
6. Meine Erfahrung und Schlussfolgerung aus diesem Fall
Die Auflösung dieser schweren Symptomatik innerhalb relativ kurzer Zeit (nur 4 Monate) war erstaunlich. Ich führte sie auf den synergistischen Effekt von therapeutischem Gespräch und dem Üben und Ausprobieren der neuen Erkenntnisse auf der nonverbalen Ebene des musikalischen TaKeTiNa – Prozesses zurück. So scheint das Zusammenwirken von Therapie und TaKeTiNa einen potenzierenden Effekt zu haben. Meine Neugierde, dies noch genauer zu erforschen, wuchs. So begann ich meinen Patienten die zusätzliche Teilnahme an der TaKeTiNa - Gruppe anzubieten, wovon einige Gebrauch machten.
Da sie bei mir in Therapie waren und ich ihr Vertrauen genoss, erzählten sie mir sehr ausführlich von ihren Erlebnissen und Erfahrungen im TaKeTiNa – Prozess. Mit ihrer Hilfe konnte ich die Wirkungen des TaKeTiNa genauer studieren und verifizieren. Ich notierte meine Beobachtungen und die Erfahrungen, von denen meine Patienten berichteten.
Auf eine Bitte meinerseits beschrieben einige Patienten zusammenfassend ihre Erfahrungen im TaKeTiNa – Prozess in Verbindung mit dem therapeutischen Prozess aus ihrer Sicht und stellten mir ihre Aufzeichnungen zur Auswertung zur Verfügung. Aus all diesem Material zog ich die unten beschriebenen Schlussfolgerungen: dabei sind die in Anführungszeichen und farbig herausgehobenen Sätze direkte Zitate meiner Patienten.
III.) Die für die persönliche Entwicklung und Heilung wirksamen TaKeTiNa - Elemente
1. Das Setting
a) Es wird eine Struktur vorgegeben, innerhalb derer jeder Teilnehmer völlig frei ist. Die Struktur gibt Halt, ist Orientierung. Der Einzelne kann sich ausprobieren, im eigenen Zeitmaß lernen. So können sich Geduld mit sich selbst und Gelassenheit entwickeln.
„Im TaKeTiNa konnte ich, sozusagen in einem geschützten Rahmen, erleben, dass jedes Ding seine Zeit hat und auf eine gute Weise erfahren, dass die Dinge nicht kontrollierbar sind. Es ist ein Weg, den Dingen die Zeit zu lassen, die sie brauchen,“
b) Die Arbeit mit Rhythmusarchetypen berührt, da bekanntes, aber möglicherweise vergessenes uraltes Wissen angesprochen wird.
2. Das Lernen im Kollektiv
a) Die Gruppe trägt den Rhythmus. Dadurch wirkt sie unterstützend und Sicherheit gebend. Menschen, die Gruppen bisher als bedrohlich oder Angst einflössend erlebt haben, können eine neue, positiv gefärbte Gruppenerfahrung machen und somit die alte Vorstellung korrigieren.
„Es gibt Dinge, die in einer Gruppe leichter sind, als allein. Eine fundamentale Entdeckung.“
„Meine Angst vor Gruppen hat sich im TaKeTiNa gelöst“
(Davor stand die Pat. selbst bei einer Geburtstagsparty mit überwiegend bekannten Menschen so unter Stress, dass die innere Anspannung bis hin zu Kopfschmerzen führte. Eine Party genießen zu können war dann schließlich eine neue wunderbare Erfahrung.
b) Die Mitte des Kreises als Ort, wo Geborgenheit möglich wird.
Eine Pat. mit einer verzweifelten Ausgangsposition:
„Ich habe ebenso sehr Angst alleine zu sein, wie ich es unerträglich finde in Gesellschaft von Menschen zu sein.“
Die Pat. legte sich in die Mitte des Kreises und erlebte, für sie überraschend, Gefühle von Geborgen sein und Gehalten werden. „ Ich hatte das Gefühl, dass diese Veränderung, dieses Gefühl des Gehalten Werdens von der Gruppe oder der Musik ausgelöst worden ist.“
3. Der Surdo als tragendes Element
Der tiefe Klang der Basstrommel und seine stetige Wiederkehr vermitteln Ruhe und Sicherheit. Dies animiert zu mehr Loslassen und lässt Schritte in Verbindung mit Pulsation als Struktur und Boden gebend erleben.
Eine schizophrene Pat., die in ein psychotisches Erleben von Depersonalisation kam, Arme und Hände wurden ganz lang und flogen weg, hielt sich an den Surdo, synchronisiete ihre Füße mit dem Pulsieren der Trommel und erlebte dabei, dass die Arme wieder zu ihr zurück kamen und eine Reintegration des Körpers statt fand. Von da an hatte sie eine neue Möglichkeit gefunden, sich aus solchen Zuständen, die sie gut kannte, mit den Schritten und der Konzentration auf den Bodenkontakt selbst heraus zu holen.
4. Die Induktion
Das Vorgeben eines Themas am Beginn eines TaKeTiNa – Sets kann die Auseinandersetzung mit sich selbst intensivieren und zu tieferem Einlassen in eigene innere Prozesse führen. Es kann sich wie ein roter Faden durch den Prozess ziehen. Dabei gibt es musikalische, Körper orientierte oder Bewusstseins orientierte Themen, je nach Ausrichtung und Bedürfnis der jeweiligen Gruppe. Ein Beispiel für ein Bewusstseins orientiertes Thema wäre „der innere Zeuge“, d.h. eine Instanz im Inneren zu etablieren, die ohne Wertung einfach zuschaut, was passiert, wenn ich rausfalle, nicht mehr weiter weiß...so dass ich viel über meine eigene Persönlichkeitsstruktur erfahren kann.
„Die Vorstellung des inneren Zeugen war für mich sehr hilfreich. Bewertungs- und Entwertungstendenzen haben plötzlich an Kraft verloren.“
So war es mir auch möglich, die Themen, die meine Patienten/innen gerade beschäftigten, durch eine entsprechende Induktion im TaKeTiNa zusätzlich zu intensivieren. So erfuhr ich dann in der sich anschließende Therapie:
„ Eigentlich wusste ich es ja schon, da wir ja oft genug darüber gesprochen haben, aber durch das Erleben im TaKeTiNa habe ich jetzt erst das Gefühl wirklich verstanden zu haben. Es ist ein Verstehen auf einer anderen, tieferen und zugleich körperlichen Ebene.“ (z.B. die Tendenz immer in die Überforderung zu gehen und dann mit Nackenschmerzen zu reagieren.)
Eine Pat. sah sich in ihrer gewohnten angespannten Haltung mit ängstlichem Gesichtsausdruck und erkannte plötzlich die Gefühle, die dahinter standen.
„Es ist die Angst ertappt zu werden, ertappt zu werden dabei, etwas nicht erklären zu können. Bildlich gesprochen, einen Raum zu betreten, von dem man nicht weiß wohin er führt. Dies habe ich erfahren, wie eine lange gesuchte Antwort auf eine Frage. Obwohl ich es eigentlich schon wusste.“
5. Die Stimme
Die Stimme wurde schon manchmal als Spiegel der Seele bezeichnet, das heißt über die Stimme drücken sich Befindlichkeiten, Niedergelassen sein oder Anspannung, im Fluss sein oder feststecken, präsent sein oder abwesend sein und vieles mehr aus.
a) Die rhythmische Stimme im Sprechen der Silben:
Das rhythmische Sprechen von Silben, wie es im TaKeTiNa über längere Zeit üblich ist, ist zunächst für viele Menschen ungewohnt. Es macht deutlich wie entspannt oder angespannt ich mit meiner Stimme umgehe. Dabei spielt der Atem eine große Rolle. Ist er nicht im Fluss wird es anstrengend. Blockaden können deutlich und bewusst werden. In der aktiven Auseinandersetzung damit können mit der Zeit Atem und Stimme in einen entspannten Rhythmus und ins Fließen kommen.
Die rhythmische Stimme schafft eine Verbindung zwischen Hören und Bewegung, zwischen innen und außen. Sie intensiviert auf diese Weise das Körpergefühl und führt gleichzeitig zu einer differenzierteren Wahrnehmung. Vibrationen in der Stimme und die Pulsationen des Rhythmus werden deutlicher als Schwingungen sensorisch wahrgenommen.
„Früher, im Musikunterricht, kam ich mit dem Zählen nie klar. Jetzt habe ich endlich verstanden, wie das mit dem Rhythmus ist.“
b) Die Singstimme:
Immer wieder machen Teilnehmer, die zunächst von sich behaupten, dass sie nicht singen können, die Erfahrung, dass sie plötzlich ihre Stimme ganz anders erleben. Im Loslassen wird die Stimme freier, neue Frequenzen und Volumina können auftauchen, manchmal zunächst nur für den Moment, dann auch anhaltend. So kann die Erfahrung mit der eigenen Stimme befreiend und nährend zugleich werden. Im neuen Erleben der Stimme tritt oft eine tiefe Berührtheit bei den Teilnehmern auf.
6. Die Körperwahrnehmung
Dadurch dass im TaKeTiNa immer wieder neue Formen von Bewegungskombinationen auftauchen und der Körper mit all seinen Sinnen gefordert ist, kann es Menschen, die den Kontakt zu ihrem Körper verloren haben, helfen sich selbst deutlicher wahrnehmen und spüren zu lernen. Aber auch Menschen mit gutem Körpergefühl können in immer tiefere und intensivere Dimensionen der Körperwahrnehmung eintauchen und Neues entdecken.
„An erster Stelle des Lernens steht für mich die Fähigkeit mich selbst zu spüren, etwas deren Existenz für mich ebenso neu, wie schön ist. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr mich das berührt hat und wie schön ich es fand, als ich mich das erste Mal selbst wahrgenommen habe.“
7. Overload – die Überlastung des normalen Bewusstseins durch die Gleichzeitigkeit mehrerer Ebenen (Polyrhythmik)
Dies ist der Kernpunkt im TaKeTiNa, der sich von allen anderen Formen der Körperarbeit, aber auch traditionell westlichen musikalischen Lernformen unterscheidet.
a.) Taketina als Spiegel
Eine neue musikalische Ebene kommt plötzlich zu der bereits bestehenden hinzu und auf einmal geht gar nichts mehr. Dieses schlagartige Auftauchen einer Grenze erleben viele Menschen in unserem Kulturkreis zunächst als äußerst frustrierend, da wir auf Leistung und schnelles Können programmiert sind. Die unterschiedlichsten Gefühle, wie Wut, Ärger, Verzweiflung, sich plötzlich ausgeschlossen vom Ganzen fühlen, sich klein und hilflos fühlen und vieles mehr tauchen auf und entsprechende Abwehr-mechanismen, wie aussteigen, Abwertung (alles blöd finden), sich irgendwie durchschummeln u.a. treten reflexartig in Kraft.
An diesem Punkt wirkt Taketina wie ein Spiegel der Konditionierungen unserer Persönlichkeitsstruktur. Zum einen wird deutlich wo wir musikalisch, körperlich stehen, was der Körper im Moment erfassen und wiedergeben kann, wo sozusagen unsere persönliche Grenze gerade ist und zum anderen, wie wir mit dem Erleben dieser Grenze umgehen.
Wahrnehmen, Staunen und neugierig Werden auf mehr, wie es eigentlich dem natürlichen Lernen des Menschen entsprechen könnte, sozusagen mit Spaß in Neues gehen, wird selten erlebt, kann sich aber im Lauf der Zeit entwickeln, was sich auch auf entsprechende Situationen im realen Leben ausdehnen kann.
TaKeTiNa ist so ein fühlbarer Spiegel der augenblicklichen Realität und dadurch deutlich greifbarer als Nachdenken oder darüber Reden. Der Umgang mit sich selbst und der momentanen Lebenssituation kann deutlich werden. Indem eigene Grenzen fühlbar wahrgenommen und respektiert werden, können sie sich auch verändern und ausdehnen.
Das ist auch die Grundlage dafür, dass im TaKeTiNa Anfänger und Fortgeschrittene miteinander lernen können. Es tauchen verschiedene musikalische Niveaus während eines Sets auf, so dass jeder seinen persönliche Herausforderung und Grenze an anderer Stelle finden kann. So wird die oft hinderliche und wertende Trennung von Besser und Schlechter aufgehoben, was zu deutlich entspannterem Lernen führt.
„Wenn etwas nicht funktioniert hat, bin ich beispielsweise unter großen Druck geraten, sehr hektisch und panisch geworden und habe versucht, mein Unvermögen zu überspielen und zu vertuschen. Diese Strategie habe ich auch in meinem Alltag angewandt. Im TaKeTiNa hatte ich die Chance, mir ganz genau anzuschauen, was da passiert. Wenn ich aber bei mir bleibe und zunächst bei den Schritten, dann kommt irgendwann unweigerlich der Moment, wo ich bereit bin für das nächste Element. Als ich anfing dies im TaKeTiNa zu spüren, konnte ich auch anfangen, das in meinem Leben wieder zu finden. Seit dem gibt es eigentlich keine unendlich tiefen Löcher mehr.“
„Neu war, dass ich das Gefühl hatte, selbst bestimmen zu können, ob ich weiter gehe oder nicht. Als hätte ich die Wahl. Dabei habe ich nichts erzwungen und bin immer wieder bis zur Grenze. Dabei stellte sich bei mir zunächst Nachdenklichkeit und dann Trauer ein. Es war eine Trauer, die ich zulassen konnte, die nichts Bedrohliches hatte. Ich war irgendwie auch ganz ruhig, hatte es nicht eilig. Es war schön.“
„TaKeTiNa ist für mich wie eine Parabel des Lebens geworden. Ich lernte, dass ich Überforderung vermeiden muss und dass ich viel besser und glücklicher fahre, wenn ich kleine Brötchen backe. Einen Durchbruch machte ich, als ich mir in einer Stunde endlich erlaubte, nur die Füße und wirklich nur die Füße zu setzen. Die Erfahrung war sehr befriedigend und nachhaltig. Plötzlich erschien mir alles viel klarer und transparenter. Im Übertragenen wirkte sich das so aus, dass mir Problemkomplexe erfassbarer und damit lösbarer schienen.“
„Ich nehme Gefühle und Stimmungen im TaKeTiNa intensiver wahr. Es ist wie eine Zuspitzung sowohl im Negativen wie im Positiven. Im Negativen ist es dann manchmal so heftig, dass wie von selbst Loslassen passiert.“
„Nach dem TaKeTiNa weiß ich immer, wo ich stehe und was gerade ist.“
b.) Rausfallen und Reinfallen – Loslassen von Kontrolle, Zulassen von Chaos - Selbstregulation Im „aus dem Rhythmus fallen“ passiert unweigerlich das Loslassen von Kontrolle. Chaos taucht auf. Anfänglich ist diese Erfahrung oft mit Angst, Panik oder Hilflosigkeit verbunden. Durch die wiederkehrende Erfahrung des wieder „Reinfallens“ wird der Kontrollverlust als immer weniger schlimm erlebt. Neue und verschiedene Wege des sich wieder Einfindens können entdeckt werden. Die Sicherheit, dass es immer weiter geht, verfestigt sich. Das Vertrauen in das eigene Wissen und Können, in die vorhandene Kreativität vertieft sich. Mehr Gelassenheit und weniger Angst vor Neuem entstehen.
Dabei kann durch das Auftauchen von Chaos eine selbstregulative Ordnung sowohl im persönlichen Erleben, wie auch im Kollektiv entstehen. „So wie ein Magnet in der Lage ist, einen Haufen Schrauben in eine Richtung zu bringen, hat mir TaKeTiNa geholfen, in meine Gedankenströme eine größere Ruhe und Ordnung zu bringen.“
Der Pat. beschrieb, dass sich sein gewohntes Gedankenspiel in seiner Wirrheit bis ins Chaos steigerte, unerträglich wurde und sich auflöste. Danach traten plötzlich geordnete Gedanken auf.
c.) Die gleichzeitige Wahrnehmung
Da wir überwiegend im linearen Denken, eins nach dem anderen, verwurzelt sind, führt das gleichzeitige Auftauchen verschiedener musikalischer Ebenen zu einer Überlastung des normalen Bewusstseins. In dem sich entfaltenden TaKeTiNa – Prozess kommen immer mehr musikalische Ebenen zu dem bestehenden Grundmuster hinzu. Irgendwann kommt bei jedem der Punkt, an dem das vertraute Denken sagt: „Das ist mir alles zu viel.“ Das nacheinander Aufarbeiten der neuen musikalischen Informationen ist so nicht möglich. Es kommt zu dem Gefühl der Überforderung, einem inneren Loslassen, Verwirrung, nicht Wissen, schlicht Chaos auf der rationalen Ebene. Das heißt, um all die musikalischen Ebenen erfassen zu können, müssen sich neue Wege eröffnen, was bedeutet, dass die Sinne wie Hören, Spüren, inneres Sehen...gleichzeitig aktiviert werden müssen.
Auf der neurophysiologischen Ebene bedeutet dies, dass sich neue Nervenverbindungen bilden, bzw. nicht mehr genutzte Nervenverbindungen wieder aktiviert werden müssen. Die neuere Hirnforschung zeigt, dass dies auch im hohen Alter möglich ist und die Aktivität der einzelnen Hirnzentren von deren Inanspruchnahme, sprich Übung und Nutzung, abhängt. Im TaKeTiNa - Prozess findet eine gleichzeitige Aktivierung der rechten Hirnhälfte, der die intuitive Wahrnehmung zugeordnet wird und linken Hirnhälfte, der man die rational, analytischen Funktionen zuordnet, statt. Die Einseitigkeit, entweder mehr die eine oder andere Seite zu beanspruchen, kann aufgehoben werden. Es kommt zu einer ausbalancierten Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften.
Diese Neuorganisation, die Körper und Geist komplett fordern, können ein „Reinfallen“ in das Hier und Jetzt bewirken. Die Wahrnehmung der verschiedenen musikalischen Ebenen ist plötzlich ganz klar und kann körperlich nachvollzogen werden. Dieser Effekt kann so schnell wieder verschwinden, wie er gekommen ist und immer wieder passieren. Das heißt, das Lernen im TaKeTiNa unterliegt einem dynamischen Prozess und keinem linearen, so wie wir es üblicherweise gewöhnt sind. Deshalb hat es auch die Potenz uns aus alt gewohnten Strukturen zu befreien und neues Erleben möglich zu machen.
In der Eröffnung der gleichzeitigen Wahrnehmung kommen wir in einen Zustand der Selbstvergessenheit, werden Teil des Rhythmus, können aus dem Alltag aussteigen und uns ganz auf den Moment des Erlebens einlassen. Oft wird dieser Zustand, der manchmal nur wenige Augenblicke umfasst, als Glücksmoment, tiefe Zufriedenheit und völliger innerer Stille beschrieben.
Auch das Zeitgefühl verändert sich. Gefühle von unendlich viel Zeit oder Zeitlosigkeit können auftauchen. Ein Rhythmus, der zunächst als schnell erlebt wurde, kommt einem plötzlich viel langsamer vor. Manche erinnern sich vielleicht, dass das Erleben als Kind oft intensiver und mit dem Gefühl von unendlich viel Zeit passierte. Kleine Kindern haben noch diese Fähigkeit nur im Moment zu leben. Uns Erwachsenen ist durch die vielen Verpflichtungen und der überwiegenden Nutzung unserer rational betonten linken Hirnhälfte diese Fähigkeit oft verloren gegangen. So können sich Polaritäten von entweder oder auflösen. Auf der psychischen Ebene kann dies bedeuten, dass man plötzlich fähig wird, einzelne Situationen von verschiedenen Standpunkten aus zu betrachten. So, wie das Erleben breiter wird, kann auch der Geist offener werden, neben mehr Selbstgefühl kann auch mehr Toleranz anderen gegenüber wachsen.
„Die Momente, in denen ich tatsächlich die Kontrolle aufgeben konnte und mich ganz dem Rhythmus überlassen konnte, erzeugten ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Leider habe ich den Trick nie herausgefunden. Es war einfach da. Es gibt in meinem Alltag auch seit kurzem wenige Momente, in denen ich das Gefühl habe, einfach da zu sein und einen Platz in der Schöpfung zu haben. Das ist ein Gefühl von Glück, Aufgehoben sein und Vertrauen.“
„Wenn es mir gelungen war mich einzulassen, hatte ich immer das Gefühl stundenlang dort gewesen zu sein.“
8. Entstehen einer gemeinsamen Musik
Die Freude an der gemeinsam entstandenen Musik weckt neue Energien, ein Aspekt der manchen Menschen zu mehr Kraft und Lebensfreude verhelfen kann. Gerade wenn sie in Krisen stecken oder erschöpft sind oder sich einfach von ihrem Alltag erholen wollen.
9. Die Liegephase
Die Ruhephase am Ende jedes TaKeTiNa – Sets gibt den Teilnehmern die Möglichkeit, die vielen Eindrücke, denen sie während der musikalischen Reise ausgesetzt waren, zu verarbeiten und zu integrieren. Bilder und Gedanken können sich ordnen, meist wird der Körper intensiv und bewusst wahrgenommen. Manche schlafen sogar ein, andere spüren dem Rhythmus nach oder genießen ein-fach die Entspannung und die Stille.
„Beim Liegen lag mein ganzer Rücken gut auf dem Boden. Das habe ich schon lange nicht mehr so erlebt, da ich sehr verspannt war in letzter Zeit.“
10. Die Integration
Nach der Ruhephase gibt es Zeit und Raum über die gerade erlebten Erfahrungen zu berichten. Die Erfahrungen auszusprechen hilft, sie wirklich selbst anzunehmen und zu vertiefen. Außerdem ist dies ein Forum für ehrlichen Austausch und eine Möglichkeit sich mit dem, wo man gerade steht oder womit man beschäftigt ist, zu zeigen. Jeder hat seinen Platz und seine Weise des sich Zeigens ohne wertenden Kommentar. Dies unterstützt den Prozess zum „wahren Selbst“ zu finden, was heißt, sich selbst mit dem, wie man ist, mit all den Stärken und Schwächen, anzunehmen.
11. Das Wecken des inneren Heilers
Bei allem medizinischen Fortschritt sind doch die Selbstheilungskräfte letztendlich dafür Ausschlag gebend, ob wir gesund bleiben. Diese können durch folgende Punkte animiert werden. Achtsamkeit Eigenverantwortung Aufrichtigkeit Gute Begleitung (Leiter, Surdospieler und Gruppe)
IV.) Schlussbetrachtung und Zukunftsvisionen
Diese wenigen Beispiele zeigen wie viel Potenz im TaKeTiNa- Prozess für therapeutische und heilsame Prozesse liegt, abgesehen von der Entwicklung musikalischer Kompetenz, die ich hier nur am Rande erwähnen möchte. In der Psychotherapie versuche ich Menschen zu helfen, sich selbst zu erfahren und zu erkennen, jenseits von Vorstellungen und Prägungen aus der Kindheit und ihrem sozialen Umfeld.
TaKeTiNa ist sehr radikal. Man ist entweder drin im Rhythmus oder draußen. Etwas dazwischen gibt es nicht. Schummeln ist nicht möglich, bzw. wird aufgedeckt. Da wo der Geist immer noch Nischen findet, sich selbst zu betrügen, deckt TaKeTiNa die persönliche Wahrheit schamlos auf. So unterstützt TaKeTiNa den Prozess der Selbsterkennung radikal auf körperlich erfahrbare Weise und bietet gleichzeitig einen tragenden und durch die Musik fröhlich gestimmten Boden.
„Während die Therapie für mich eine Möglichkeit war, meine Vergangenheit zu verstehen und alte Wunden zu heilen, war das TaKeTiNa für mich ein Weg, an den Alltagsdingen zu arbeiten. Ich habe das Gefühl, dass beides gleich wichtig ist.“
Da in unserer Gesellschaft, jenseits derer, die in die Therapie kommen, viele Menschen an der „normalen Depression“ leiden, wie mein therapeutischer Lehrer zu sagen pflegte, sehe ich im TaKeTiNa eine gute Möglichkeit durch Anbindung an unsere musikalischen Wurzeln zu mehr Kraft und Lebensfreude zu gelangen und getragen vom Kollektiv persönliche Entfaltungs-möglichkeiten zu nutzen.
TaKeTiNa in therapeutischen und sozialen Einrichtungen könnte deren Effektivität deutlich steigern, wie auch die Erfahrung in einigen wenigen psychosomatischen Kliniken zeigt. An dieser Stelle möchte ich mich noch herzlich bei all meinen Patienten bedanken, die durch ihre Offenheit und ihre aktive Mitwirkung diese Arbeit möglich gemacht haben.
Dr. med. Ingrid Wagner, 10. Januar 2005